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Leicht bewölkt, starker NO-Passat, 25°
Wieder mal die Siebensachen zusammengepackt - ist immer spannend, ob alles ins Gepäck reingeht. Der Fahrer ist auf die Minute pünktlich, und 10 Minuten nach 8 Uhr gesellen wir uns zu den wenigen Wartenden am Hafen. Viel Geduld brauchen wir nicht, schon kurz danach wird das Hafentor geöffnet. Umständliche Ticket- und Ausweiskontrolle, letzteres durch drei (!) Polizisten. Über eine schmale, rostige Rampe befördern wir unser Gepäck auf den modernen Zweirumpf-Katamaran. Unsere schweren Koffer muss ich über die Ladeklappe eines Uralt-Lastwagens hieven, der auf der offenen Auto-Parkfläche steht; Hilfe gibt es dabei nicht. Was einem hier zuweilen zugemutet wird... Wir betreten den Passagierraum und wollen die zugewiesenen Plätze aufsuchen, aber eine Angestellte gibt zu verstehen, es sei egal wo wir sitzen. Es bläst ein starker Passatwind mit entsprechendem Schaumkronen-Wellengang. Das Schiff schaukelt schon im Hafen - das kann ja heiter werden. Gut, dass wir Tabletten gegen Seekrankheit geschluckt haben. Ich spreche ein älteres Touristenpaar an, es sind Deutsche, nicht die Belgier, die gemäss einer Mail von Marijke das Aluguer mit uns teilen sollen. Die Holländerin, bei der ich ein Häuschen reservieren wollte, das bereits gebucht war, hatte uns an eine Frau namens „Julinha" vermittelt. Das belgische Paar taucht gegen Ende der Fahrt dann auch auf. Das Boot fährt schräg zur Wellenrichtung und schaukelt mächtig; dank der Pillen wird uns aber nicht übel. Nach weniger als einer Stunde legen wir in Furna an, dem kleinen Hafen der Insel. Am Fuss der Rampe steht ein Mann mit einem Karton, auf dem neben andern Namen „Heinrich" steht. In seinem Minibus nehmen ausser uns die Belgier und die Deutschen Platz, dazu noch eine weitere deutsche Frau und die Holländerin, die wir von der Aluguerfahrt auf Fogo kennen. Kurvenreich geht die erstaunlicherweise geteerte Strasse hinauf nach Vila Nova Sintra, den Inselhauptort. Hier steigen die Deutsche und die Holländerin aus, ohne den Fahrer zu bezahlen. Die deutsche Frau scheint, wie die Holländerin, hier wohnhaft zu sein. Sind wir andern nun die dummen Touristen, an denen der ganze Fahrpreis von 2000 Escudos hängenbleibt? Im Ort wird bei einem Laden gehalten, und Margrit kauft Joghurt und Milch, damit wir mittags nicht auf unser geliebtes Birchermüesli verzichten müssen. Um viele weitere Kurven geht es hinunter in die grosse westliche Bucht mit dem Ort Fajã d'Agua, der aus wenigen Dutzend an den Hang geklebten Häusern besteht. Dem Fahrer, der inzwischen gewechselt hat, ist unser Ziel vertraut. Die Deutschen steigen am selben Ort aus wie wir und erklimmen, ohne zu zahlen, schnell die Treppen. Ich protestiere beim Fahrer, der telefoniert und dem Belgier das Handy überlässt; der scheint mit Marijke zu sprechen. Schliesslich läuft es darauf hinaus, dass die Belgier und wir je 1000 Escudos zu zahlen haben. Ich kläre die Sache nachher mit den Deutschen. Diese sagen, sie hätten eine Pauschalbuchung mit allen Transporten gemacht, aber da ihr eigener Fahrer nicht erschienen sei, hätten sie mit uns mitfahren dürfen. Nicht ganz sauber, diese Geschichte, aber wir lassen es darauf beruhen.
Marijke hatte mir Bilder von Julinhas orangefarbenem Haus mit der Aufschrift „Bemvindo" (Willkommen) geschickt, aber wir werden unterhalb in einer alten Bude einquartiert. Ein sehr primitives Zimmer mit einer einzigen nackten Birne an der Decke und äusserst spartanischer Möblierung. Der Betonboden ist mit Plastikfolie belegt, die Risse darin sind mit grauem Klebeband geflickt. Das Walmdach, das den ganzen Raum überdeckt, ist mit braunem Pavatex verkleidet, die Ecken weiss verkleistert, aber der Anstrich fehlt. An den Wänden blättert stellenweise die Farbe ab. Das beste an dieser Unterkunft ist das Bad; dorthin gelangen wir nur durch einen kleinen betonierten Hinterhof. Ein Spiegel ist weder im Zimmer noch im Bad vorhanden. Ich mache Julinha klar, dass uns das Zimmer nicht gefällt, aber sie sagt, übersetzt durch einen des Englischen mächtigen Touristen, dass alle andern Zimmer belegt seien. Immerhin ist der Preis mit 2500 Escudos inklusive Frühstück niedrig, aber wir hätten ein besseres Zimmer zu höherem Preis vorgezogen. Wir trösten uns damit, dass wir nur drei Nächte hier wohnen.
Am Nachmittag spazieren wir auf der Uferstrasse in Richtung des seit Jahrzehnten unbenutzten Flughafens. Hübscher Blick zurück in die Bucht mit der Siedlung. Die Pflasterstrasse zum Flugplatz musste aus Felsbarrieren herausgesprengt werden. Wo wir Sicht zur Startbahn haben, führt eine Treppe die Felsen hinab zu natürlichen Meerschwimmbecken. Wir schauen sie uns nur von oben an, denn der böige Passatwind und das aufgewühlte Meer, dessen hohe Wellen in die Becken hereinschlagen, machen das Baden ohnehin unmöglich. Der Flughafen soll, wegen des fast immer wehenden Passatwindes zu gefährlich, nicht lange in Betrieb gewesen und vor 30 Jahren geschlossen worden sein. Das Flughafengebäude ist im Zerfall begriffen. Wir begegnen dem deutschen Paar, das zu einer Badebucht jenseits des Flugplatzes wandern wollte, aber wegen des starken Windes umgekehrt ist. Lästigerweise funktioniert hier der Internet-Stick nicht, so dass ich den Blog nicht nachführen kann.
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