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Das Frühstück, das uns Miguel bereitgestellt hat, ist einfach, aber die Brötchen sind wohlschmeckend. Wir planen eine Runde durch den alten Teil der Stadt, die uns zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten führen soll. Erstes Ziel ist der Santa Justa-Lift, der vom erhöhten Quartier Chiado, wo wir wohnen, ins tiefer gelegene „Baixa" mit seinen Schachbrettgassen hinunterführt. Wir haben ihn bald gefunden: Eine bemerkenswerte, graue Stahlkonstruktion von 1902, erbaut von einem Franko-Portugiesischen Ingenieur, dem man nachsagt, er sei ein Schüler von Gustav Eiffel gewesen. In der Tat erinnert der turmartige Lift sehr an den berühmten Turm in Paris. Von einer Plattform auf dem Dach, wo Eintritt verlangt wird, hat man prächtige Sicht auf die „Baixa". Wir steigen nicht hinauf, denn die Sicht neben dem Turm ist fast ebenso gut. Auch benützen wir nicht den Lift, der zwei Kabinen für je 25 Personen aufweist, sondern steigen die Treppen hinab. Unten in den Gassen empfängt uns ein gewaltiges Touristengewimmel, und fast an jeder Ecke stehen Polizisten herum. Das ist einerseits beruhigend, aber dass die Terrorgefahr auf diese Weise deutlich gemacht wird, andererseits wieder nicht. Klar, dass man alles tut, um einen Anschlag zu verhindern, denn das wäre, wie bereits in andern Ländern, für den Tourismus die absolute Katastrophe. Durch die ornamental gepflasterte Fussgänger-Ladenstrasse Rua Augusta schlendern wir zur Praça Comercio, dem riesigen, von barocken Arkadenbauten eingefassten Platz am verbreiterten Rio Tejo. Beeindruckend sind dort der Triumphbogen und das bronzene Reiterstandbild des Königs José I., aber auch die leider etwas trübe Sicht zur gewaltigen Hängebrücke über den Fluss. Sie erinnert uns sehr an die Golden Gate Bridge von San Francisco.
Um einige Ecken steigen wir zur doppeltürmigen Kirche „Sé" hinauf. Hier begegnet uns erstmals eines der kleinen alten Trams, für die Lissabon berühmt ist. In den bereits ziemlich vollen Wagen drängen sich noch mindestens ein Dutzend weitere Fahrgäste. Wir folgen der Tramlinie weiter aufwärts und staunen über das Tempo, mit dem diese Kisten heruntergerattert kommen. Auf eine Fahrt damit verzichten wir, sondern steigen weiter zum Castelo de São Jorge hinauf. Wir zahlen den Rentnereintritt von 5 Euro, und dafür bietet sich uns zunächst eine wunderbare Sicht auf grosse Teile dieser dicht gebauten Stadt. Wir sind hungrig und verzehren an einem Picknicktisch mit der Form eines Mühlerades unsere Brötchen. Derart gestärkt, betreten wir das eigentliche Kastell mit seinen gut erhaltenen Mauern und Wehrtürmen. Steile Treppen führen auf die Mauern, und an vielen Stellen bietet sich erneut prächtige Aussicht.
Etwas Müdigkeit macht sich bemerkbar, die uns Richtung Unterkunft streben lässt. Wieder müssen wir das „Baixa"-Tal durchqueren, wo zwei eindrucksvolle Plätze auf uns warten: Die quadratische, von Häuserfronten umgebene Praça da Figueira und die mit Baumalleen ausgestattete Praça Dom Pedro IV. Das Nordende dieses Platzes beschliesst das mit mächtigen Säulen fast als griechischer Tempel gestaltete Teatro Nacional Dona Maria. Zwei schöne, mit Figuren versehene Brunnen schmücken den Platz, und in seiner Mitte steht eine fast 50 Meter hohe Marmorsäule mit der als General uniformierten Statue des Königs Pedro IV. Interessant sind auch die vier allegorischen Figuren an seinem Sockel, die Gerechtigkeit, Umsicht, Klugheit und Mässigung darstellen sollen, aber sicher sind wir uns nur bei der Gerechtigkeit wegen der Waage, die bei der Figur zu sehen ist. Vieles in dieser Stadt erinnert daran, dass von hier aus einst ein Weltreich erobert wurde. Dass vom einstigen Reichtum nicht mehr überwältigend viel übrig ist, erinnern aber nicht zuletzt die Losverkäufer oder Schuhputzer im Rentenalter, die wir in den Gassen angetroffen haben. Über einige Treppen und um ein paar Ecken erreichen wir etwas erschöpft Miguels Wohnung.
Hier ist es trotz des sonnigen Tages ungemütlich kühl, denn in diesen Stadthäusern gibt es keine richtige Heizung. Einzig das Klimagerät lässt sich auf heizen umstellen, bewirkt aber in diesem grossen, hohen Raum recht wenig. Andererseits hatten wir letzte Nacht unter der dicken nordischen Decke zu warm. Erst am Morgen merkten wir, dass zwei Lagen in dem Bezug waren; auf eine davon verzichten wir diese Nacht. Auf den Inseln dürften wir deutlich andere Verhältnisse antreffen.
Heute speisen wir im Restaurant „Mercantina" an der gleichen Strasse 200 Meter oberhalb der Wohnung. Ein helles, gerade noch gemütlich zu nennendes Lokal, in dem die Kürbissuppe, Margrits Ravioli und meine Lasagne sehr gut schmecken.
Morgen heisst es, früh aus den Federn zu kriechen, denn der Flug nach Praia geht um 9.30 Uhr.
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