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Wir schaffen es tatsächlich, um 6 Uhr aufzustehen. Miguel hat uns das Frühstück bereitgestellt, wobei wir uns, wie schon gestern, den Tee selbst zubereiten. Um 7.15 Uhr stoppe ich vor der Haustür ein Taxi, das uns in einer guten Viertelstunde zum Flughafen bringt. Der Fahrer will nur 10 Euro; da hat uns der andere vorgestern, der 22 Euro kassierte, wohl etwas beschissen! Im Flughafen herrscht gewaltiges Gewimmel, durch das wir uns zu den Check-in-Schaltern durchkämpfen. An diesen gilt nur noch Gepäck-„drop off"; Einchecken muss man an Automaten. Dort hilft uns eine Angestellte, so dass es schnell erledigt ist. Nach der Sicherheitskontrolle streben wir den Gates zu. Wir realisieren nicht, dass es ja erst noch durch die Ausreisekontrolle gehen müsste und lassen uns nach dem Duty-free-Spiessrutenlauf in einem Bereich mit Sitzplätzen nieder. Einsteigzeit ist erst in 45 Minuten, also lassen wir uns Zeit mit Lesen und Toilettenbesuchen. 10 Minuten vor der Zeit heisst es auf der Anzeige bereits „Boarding", also ist nun kein Trödeln mehr angesagt. Aber nun treffen wir doch endlich noch auf die Ausreisekontrolle. Oh Schreck, hier steht eine lange Schlange, und die Uhr tickt unaufhaltsam... Die linke, kurze Kolonne ist für EU-Bürger, die rechte, viel längere für alle andern. Aber dann macht uns ein junger Mann, der unsere Pässe sieht und deutsch kann, darauf aufmerksam, dass die EU-Kolonne auch für Schweizer sei. Tatsächlich, nun sehe ich es auch: Ganz klein, schwarz auf grau, mache ich unter dem EU-Sternenkranz das „CH" aus! Wir kriechen kurzerhand unter dem Absperrband zur linken Seite. Keine schlaue Idee, denn der schwarz uniformierte Ordner weist uns barsch zurecht, und es kommt zu einem ärgerlichen Wortwechsel, denn mein Argument, wir hätten aus Versehen die falsche Kolonne erwischt und hätten es sehr eilig, scheint ihn nur noch mehr aufzubringen. Ich finde es weiser, nunmehr zu schweigen und langsam in Richtung des Kontrollschalters weiterzugehen. Der junge Mann von vorhin stellt sich, während wir zusammen in Richtung Gate 44a eilen, als Brasilianer vor; er habe längere Zeit in der Schweiz gearbeitet. Erleichtert präsentieren wir schliesslich die Bordkarten und steigen in den Bus - der aber noch eine Viertelstunde auf weitere Leute wartet. Fast als letzte steigen wir die Treppe zum Flugzeug hoch. Unsere Plätze sind weit hinten, aber die meisten Passagiere sitzen schon, und Platz für das Handgepäck gibt es noch genug. Unangenehm ist die enge Bestuhlung; so wenig Beinraum hatten wir wohl noch nie. Der Airbus wurde offensichtlich neu eingerichtet - die Sitzlehnen lassen sich nicht mehr schrägstellen. Wahrscheinlich wird das mit „mehr Komfort für die Fluggäste" angepriesen... Dafür kostet dieser Flug ungefähr das Zehnfache des Fluges Zürich-Lissabon!
Losgerollt wird auf die Minute pünktlich, und nun kann ich doch noch ein paar Luftbilder von Lissabon schiessen. Der langweilige Flug über dem Atlantik bringt als einzigen kurzen Unterbruch die Sicht auf Teneriffa mit dem Teïde. Schliesslich kommt rechts eine flache Insel in Sicht, wahrscheinlich Sal, bald darauf glaube ich am Horizont Fogo mit seinem Vulkankegel zu erkennen. Dann die Berge von Santiago, bevor wir nach einem weiten Rechtsbogen mit Sicht auf Praia landen. Sonnige 25 Grad, da muss gleich mal der Pulli weg! Geduld braucht es bei der Passkontrolle, dann noch mehr am Gepäckband. Geldbezug am Bankomaten, der gerade mal 20'000 Escudos = 200 CHF pro Bezug ausspuckt, was hohe Gebühren verursacht. Die Währung ist leicht umzurechnen: 100 CVE = 1 CHF. Nun, wenigstens klappt das. Im Gegensatz dazu kann man mir bei der CV-movel, einer der Telecomfirmen der Inseln, keine Simcard für den Laptop verkaufen; dafür müsse ich in den Laden in Praia. Wir heuern den erstbesten Taxifahrer an und lassen uns für 1000 Escudos in die Stadt bringen. Dort gibt es weiteren Ärger, denn der Telecomladen macht gerade Siesta. Nächster Stop ist das Hotel „Santa Maria", wo ich gemäss einer gestern erst erhaltenen Mitteilung den Schlüssel für das reservierte Häuschen abholen solle. Dies trifft zwar zu, aber man eröffnet mir, das Haus stehe nicht in der Stadt (wie auf der Booking-Webseite bestätigt), sondern in Cidade Velha, rund 10 km westlich an der Küste. Für die Fahrt dorthin will der Fahrer zusätzliche 1500 CVE, womit ich erst nach einiger Diskussion und nachdem mir ein anderer Taxifahrer eine Tarifliste gezeigt hat, einverstanden bin. Unangenehm ist aber, dass wir sofort Lebensmittel für zwei Tage einkaufen müssen. Wir fürchten nämlich, dass im kleinen Kaff Cidade Velha kaum viel erhältlich sein wird. Der Fahrer muss so lange vor einem Supermarkt warten. Der Laden hat immerhin ein anständiges Sortiment, sogar Fleisch wird offen verkauft; wir lassen uns Koteletten geben.
Als Adresse für unser Häuschen wurde uns „Rua de Banana" genannt, eine Hausnummer gibt es nicht. Unser Fahrer, der leider praktisch kein Englisch und nur ein paar Brocken Französisch kann, gibt sich aber viel Mühe und fragt in der kurzen Strasse herum, wo es ein „Touristenhaus" gebe. Klar wird das erst, als der Schlüssel nach mehreren Versuchen an einer blauen Türe passt! Wir bestellen den Fahrer für Freitag 10 Uhr wieder hierher, damit er uns zum Hotel Santa Maria zurückbringt. Ein geräumiges Zweizimmerhaus mit Natursteinmauern und Palmblattdach wird für zwei Tage unser Zuhause. Das Schlafzimmer hat kein Fenster, aber ein breites Doppelbett. Im Wohnraum steht ein riesiger, massiver Tisch mit acht ebensolchen Stühlen. Auch auf den Polstermöbeln hätten mindestens acht Leute Platz! Margrit beanstandet gleich mal die Beleuchtung, die viel zu schwach sei zum Lesen, aber das lässt sich mit einer Ecktisch-Lampe lösen, die wir auf den Tisch stellen. Das vorhandene Moskitonetz, das sich nur mittels mitgebrachter, gespannter Schnur aufhängen lässt, ist viel zu klein. Gut, dass wir unser eigenes mitgebracht haben. Unsere grosse Reiseerfahrung zahlt sich aus!
Das Wasser ab Hahn könne man hier nicht trinken, deshalb haben wir eine 5 Liter-Flasche gekauft. Für Tee und Kaffee ist das Leitungswasser aber verwendbar, da es gekocht wird. Auch für andere Zwecke könnte man das Wasser abkochen, was aber umständlich ist, weil man es abkühlen lassen muss.
Nach dem Nachmittagstee machen wir einen Dorfrundgang. Die einheimische Bevölkerung scheint fast ausschliesslich schwarz zu sein, es sind viele fröhliche Menschen unterwegs. Wir treffen auf einen Holländer gesetzten Alters, der uns ein paar Hinweise zu einer Wanderung und andere Tips gibt. Er wolle am Freitag ebenfalls nach Tarrafal; also werden wir ihn vielleicht dort wieder sehen. Wir wandern die gepflasterte Strasse zur Ruine einer Kathedrale hinauf, wo wir auch das Fort auf dem Hügel dahinter sehen können. Unterwegs gab es Aussicht auf Dorf und Strand. Die Tallandschaft erinnert uns stark an Gomera.
Als die Nacht hereinbricht, bekommen wir ausser dem Bellen der vielen streunenden Hunde auch inbrünstigen Chorgesang zu hören; es muss in der Nähe eine Kirche geben. In unserer Strasse gibt es keine Lampen; falls wir morgen Abend ein Restaurant aufsuchen wollen, muss unbedingt die Taschenlampe mit!
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