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Leicht bewölkt, 26°
Als erstes versuche ich, das Internetproblem zu lösen. Mir fällt ein, den Computer mal wieder ganz herunterzufahren, statt ihn nur zum „Ruhezustand" zuzuklappen. Und siehe da, das behebt die Störung. Darauf hätten die Leute in den Internetshops eigentlich auch kommen können... Heute geben wir Praia etwas intensiver die Ehre. Ein Taxi bringt uns in die Altstadt, genannt Plateau. Am Sonntag herrscht nicht so ein Gewusel wie gestern, was uns sehr recht ist. Zuerst sind die Parks dran: Luis de Camões, wo uns eine laute Musikanlage schnell vertreibt, und Alexandre Albuquerque. Der grosse, rechteckige Platz ist parkartig hübsch mit Bäumen, Kakteen und einem grossen, kreisrunden Brunnen gestaltet und eingerahmt von einigen repräsentativen Bauten. Im Gegensatz zum Bild im Reisebuch ist im Brunnen leider kein Wasser. Vom Miradouro do Cruzeiro haben wir Sicht zum Hafen, wo nebst kleineren Schiffen ein Frachter von einiger Grösse liegt. Eine Anzahl rostige Kanonen zielen über die Hafenbucht. Am südlichsten Punkt des Plateaus schaut die mächtige Bronzestatue des Inselentdeckers Diogo Gomes zur Praia da Gamboa hinunter. Sein langes Schwert deutet an, dass er nicht nur zum Entdecken, sondern auch zum Erobern gekommen ist.
Über eine Treppe mit lauter verschiedenfarbigen Stufen steigen wir zur Strandstrasse hinab und sind bald auf dem breiten Sandstrand. Fischer haben Netze zum Trocknen und Flicken ausgebreitet; wir können sie bei der Arbeit beobachten. Alte Hafenmolen rotten vor sich hin, Kinder und Hunde tollen herum. Wir stossen auf einen zusammengetragenen Haufen aus länglichen, verschiedenfarbigen Muscheln; der ganze Strand ist übersät davon. Ein roter Blechzaun versperrt den Weiterweg. Er sperrt das Strandgelände gegenüber der Insel Santa Maria ab. Neben einem breiten, offenen Tor hängen riesige Bilder dessen, was hier von chinesischen Investoren geplant ist: Eine riesige Kasino- und Hotelanlage. Ein Damm soll auf die Insel hinausführen, die vollständig überbaut werden soll. Bisher wurde allerdings nur das Gelände eingeebnet und eine kurze Betonstrasse gebaut. Drei Bagger und ein Lastwagen stehen herum. Als ich fotografieren will, tritt ein Wächter aus seinem Häuschen und will es mir verbieten. Er deutet auf eine Überwachungskamera, dann zieht er mich augenzwinkernd hinter das Tor, in den toten Winkel der Kamera, und lässt mich knipsen. Auf einer Strasse schneiden wir die Leuchtturm-Halbinsel ab und erreichen bald den Strand Quebra Canela („Knochenbrecher"). Unterwegs bitten mich zwei junge schwarze Schönheiten in gutem Englisch, sie mit Meereshintergrund zu fotografieren. Die beiden haben besonders breite Hüften und üppige Hinterteile, ein Rassenmerkmal der meisten schwarzen Frauen. Dieser Strand, auf dem sich zahlreiche Badegäste tummeln, scheint der beliebteste zu sein. Er ist von steilen Ufern, teils Felsen eingerahmt. Unter einem schattigen Baum setzen wir uns auf einen Mauerabsatz und schauen dem bunten Treiben eine Weile zu. Für die Sicherheit wird einiges getan: Ein knallrotes Feuerwehrauto, das auch als Ambulanz zu dienen scheint, steht bereit, Polizisten stehen schäkernd herum, ein Rettungsschwimmer („Nadador Salvador") und Männer mit „Bombeiros"(Feuerwehr)-Aufschriften auf dem Rücken behalten den Strand im Auge. Unser letztes Ziel ist das „Cruz de Papa" auf einem Geländevorsprung oberhalb des Strandes. Die Treppe dort hinauf ist ebenfalls bunt bemalt, für uns ein neuer, fröhlicher Anblick. Papst Johannes II. soll 1990 die Insel besucht haben; eine Statue und ein gewaltiges Betonkreuz erinnern an dieses Ereignis. Im Schatten des Sockels sitzt ein Mann, einen Laptop auf den Knien: Hier ist ein WLAN-Hotspot, wie auch auf der Praça Albuquerque. Sitzbänke unter schattigen Bäumen bieten bequeme Aussicht zum „Praia Shopping", eines in der Sonne glänzenden neuen Einkaufszentrums, und über ein Tal zu den modernen Wohnbauten des Stadtteils Palmarejo. Im Tal liegt eine Kläranlage; gut, dass es hier auch in dieser Hinsicht Fortschritte gibt. Zwei kleine zusammengeschusterte Slumhütten unterhalb der Neubauten zeugen aber von der Armut ihrer Bewohner.
Um halb zwei Uhr kehren wir in die Wohnung zurück. Für weitere Unternehmungen ist weder Lust noch Energie vorhanden. Am Abend schauen wir aber bei Indira vorbei, die wir nun endlich antreffen. Gross, schlank, hübsch, kurze schwarze Haare, bronzener Teint, äusserst liebenswürdig. Ihre drei schwarzen Jungs spielen auf dem Boden der grossen Wohnung im Erdgeschoss des schönen Hauses. Indira hat Architektur studiert und gehört, obwohl sie nach eigener Aussage bisher nur sporadisch Ausbauaufträge bekommt, offensichtlich zu den Wohlhabenden des Landes. Einen Ehemann habe sie nicht; der anscheinend schwarze Vater ihrer Kinder sei ebenfalls Architekt. Sie bestellt uns ein Taxi für 5.30 Uhr. Als wir uns verabschieden, tauchen ihre Eltern auf. Ihre Mutter, die uns indisch vorkam, habe keine indischen Wurzeln, nur ihr Vater scheint noch eine Beziehung zu Indien zu haben, da er seiner Tochter einen indischen Namen gab. Wir packen schon mal die Koffer; am Morgen springen wir ohne Frühstück ins Taxi.
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