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Sonnig, bis 26°
Wir brechen früh auf, um vormittags vor der Abreise noch zu einer „Eruptionshöhle" zu wandern. Bei Portela finden wir den Weg infolge der neuen Lavaströme trotz Wikiloc-Karte nur mit Schwierigkeiten. Schliesslich gefunden, führt der Pfad auf einen älteren Lavafluss hinauf und wird sehr grobsteinig und damit schwer zu begehen. Wir verzichten auf die Fortsetzung, da wir um halb elf Uhr bei Marisa zurück sein wollen, denn wir müssen das Zimmer um 12 Uhr räumen. Neue Gäste kämen an, sagt Mustafa. Auf dem Strässchen, von dem aus die Besteigung des Pico abgeht, wandern wir statt dessen ein Stück weit hinauf. Nochmals haben wir spektakuläre Sicht zu den neuen Lavaströmen und den Überresten der beiden Dörfer Portela und Bangaeira. Wir halten bei einem Hain von Mini-Apfelbäumen, die noch ein paar kleine Früchte tragen. Wir sind überrascht, dass solche Bäume in dieser extremen Umgebung gedeihen. Zurück im Hotel, gibt es ein frühes Mittagessen, bevor wir wieder einmal die Koffer packen. Auf einer Sitzecke im sehr warmen Restaurant warten wir auf das Taxi, das Mustafa für uns bestellt hat. Wir teilen es mit einem älteren Franzosen, der sich in schlechtem Englisch mit dem Fahrer unterhält und eifrig aus dem fahrenden Taxi fotografiert. Einige Male hält der Fahrer an, so dass auch ich ein paar weitere Bilder vom Vulkan und der urtümlichen Landschaft schiessen kann. Nachdem wir nachts in die andere Richtung fuhren, bekommen wir nun bei wolkenlosem Himmel den Pico doch noch von der anderen Seite zu sehen. Wieder dauert die Fahrt nach São Filipe rund anderthalb Stunden. Wir lassen uns beim „Zebra Corner" absetzen, bestellen Tee und warten lesend auf einem bequemen Sofa die Stunde ab, bis unser Taxifahrer, dem wir die 4000 Escudos noch schuldig sind, uns zum Flughafen bringen soll.
Um im Internet nachzusehen, ob sich nicht inzwischen die Abflugzeit geändert hat, bitte ich im Restaurant um den WLAN-Code. Ein grosser, amerikanisch sprechender Mann fragt mich, ob er helfen könne. Als er hört, dass wir um 17.25 Uhr nach Praia fliegen wollen, teilt er uns mit, wir müssten zwei Stunden vorher einchecken, sonst könnten unsere Plätze andern vergeben werden. Die Uhr zeigt in diesem Moment 15.40 Uhr; das Taxi erwarten wir für 16.10 Uhr. Ich sage dem Mann, der sich als Eigentümer und Wirt des „Zebra" bezeichnet, dass die Eincheckzeiten auf so kleinen Flughäfen im allgemeinen nicht so früh seien, eine gute Stunde vor dem Abflug reiche auch; zudem müssten wir auf das bestellte Taxi warten, das wir noch nicht bezahlt hätten. Da gerät der Mann in Rage, und nach einem weiteren Wortwechsel bezichtigt er mich schlechter Manieren („bad manners" und wirft uns kurzerhand aus dem Lokal - der Tee sei gratis! Uns bleibt nichts anderes, als sofort ein anderes Taxi anzuhalten und zum Flughafen zu fahren.
Beim Einchecken frage ich den Angestellten, ob das mit den zwei Stunden wahr sei. Ach nein, sagt er, eine bis anderthalb Stunden reichten auch. Wir können uns kaum von der Arroganz des Amerikaners erholen, der gemäss andern Fluggästen, denen wir unser Erlebnis erzählen, Däne oder Norweger sein soll. Wie erwartet, taucht der Vulkan-Taxifahrer bald auf und bekommt seine Fahrt bezahlt, auch jene zum Flughafen. Im Gegensatz zum ekligen Wirt bleibt er sehr freundlich und macht uns keine Vorwürfe.
Die Sicherheitskontrolle ist wieder lächerlich pingelig, na ja, besser als zu nachlässig. Das Flugzeug hat 45 Minuten Verspätung. Einige Passagiere müssen die zusätzliche Wartezeit beim Gate stehend zubringen, denn für ein volles Flugzeug gibt es nicht genügend Sitzplätze. Auch ist in diesem Raum kein WC vorhanden. Das Flugzeug ist in der Tat fast bis auf den letzten Platz besetzt. Für einen letzten Blick auf den Vulkan sitzen wir wieder auf der falschen Seite, aber die schmutzigen Fenster trüben die Sicht ohnehin.
Nach der Landung schnappen wir uns ein Taxi, dessen sehr junger Fahrer die Strasse kennt, an der wir wohnen werden, und uns nach kurzer Suche nach der Hausnummer (die es hier tatsächlich gibt) zuverlässig bei unserer Gastgeberin Indira Silva abliefert. Diese ist nicht zu Hause, hat aber ihre erstaunlich jung und indisch aussehende Mutter beauftragt, uns zur Wohnung zu führen, die 200 Meter weiter an derselben Strasse ist, wo viele Autos vor gediegenen Häusern stehen. Treppen hinauf in den dritten Stock, und wir stehen in einer funktionellen, etwas nüchternen kleinen Wohnung, der es an den üblichen Dingen mangelt: Zweiter Nachttisch, Abstellmöbel für die Koffer, Flächen für Krimskrams beim Waschbecken, zweite kleine Pfanne, Geschirrtuch. Hier kommt dazu, dass es weder im Bad noch in der Küche heisses Wasser gibt - geduscht werden müsste also kalt (wir begnügen uns mit waschen). Einkaufen zum Selberkochen ist um diese Zeit (20 Uhr) nicht mehr möglich, aber Indiras Mutter beschreibt uns den Weg zu einer italienischen Pizzeria. Wir finden sie nicht, ohne unterwegs nochmals zu fragen, und begegnen einer dreiköpfigen Polizeitruppe, die uns Ungutes ahnen lässt. Die Gastgeberin hat uns gewarnt, abends nicht mit viel Geld auszugehen. Es gibt einigen Autoverkehr, woran wir uns erst wieder gewöhnen müssen, aber kaum Fussgänger. In dunklen Ecken lungern verdächtige Typen herum, so dass uns unwohl ist in dieser Gegend. Die Pizza schmeckt, doch auf dem Rückweg schauen wir uns mehrmals um, ob uns niemand folgt und sind froh, bald die Haustür hinter uns schliessen zu können. Irgendwoher ertönt Freitagabendlärm, besonders unangenehm ist aber das unablässige Gekläff der vielen Strassenhunde, die sich hier herumtreiben. Unser Schlafzimmer ist zum Glück nicht auf der Strassenseite; ich stopfe mir dennoch Ohropax rein.
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