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Sonnig, Zirren, 23°, am Schatten 18°
Einige Male hat es abends und nachts „bumm" gemacht, und manchmal war ein leichtes Zittern zu spüren. Es scheint hier noch einiges in Bewegung zu sein; die starken, teils 3 Millimeter breiten Risse in den Wänden unseres Zimmers sprechen eine deutliche Sprache. Das Hotel ist keine zwei Jahre alt, die Entwicklung scheint bedrohlich. Ein Deutscher beim Frühstück, der sich als Baufachmann bezeichnete, war der Meinung, die Risse kämen vom zu schnellen Erhärten des Betons in der extrem trockenen Luft. Das könnte zwar die Risse in der Betonplattform vor den Zimmern erklären, kaum aber jene in den Mauern, die ja nicht aus Beton sind.
Heute peilen wir den Pico Pequeno an, jenen Seitenkrater des Hauptvulkans, der den Lavastrom von 2014 ausstiess. Trotz Wikiloc-GPS ist es etwas schwierig, im Trümmerdorf Portela, wo vieles im Bau ist, den Weganfang zu finden. Wir folgen Fussspuren neben einem schmalen Lavafluss, durchqueren eine Art Rebberg und treffen auf einen schwarzen Feldarbeiter. Der hilfsbereite Mann führt uns auf deutlichem Weg über den Lavafluss und zeigt uns die Richtung zur Route. Nun sind wir auf dem Wikiloc-Weg und können nicht mehr fehlgehen. Bald sind wir im Nichts des schwarzgrauen Vulkansandes, in den lehmfarbene alte Lavafelsen und in dünnflüssigem Zustand erstarrte skurrile Gebilde eingestreut sind. Wir folgen den deutlichen Spuren, aber mehrmals muss ich GPS zu Hilfe nehmen. Schliesslich steigt die Route nur noch auf grauem Sand, das Gehen ist aber nicht schwierig auf diesem grobkörnigen Kies. Eine Weile plagt uns der kühle Wind, doch dann erreichen wir den Windschatten des Vulkans. Immer besser können wir den Grund der Caldera überblicken und erkennen, welch riesige Gebiete die Lavaströme zugedeckt haben. Nur wenige nutzbare Flächen sind übrig geblieben. Nach einem Zickzack-Endanstieg stehen wir plötzlich vor einem schauerlichen Abgrund: Kaum wagen wir, uns dem scharfen Rand des Kraters zu nähern und in diesen vielfarbigen Schlund hinabzublicken. Schwefelgeruch schlägt uns entgegen. Oberhalb davon, in der Flanke des Pico, ein kleines Kraterloch, daneben ein bedrohlicher, bis einen Meter breiter Riss, aus dem heisse Luft aufsteigt und uns Abstand halten lässt. Hier nahmen die verschiedenen Lavaströme, die wir in allen Richtungen sehen können, ihren Anfang. Die kleine ebene Fläche, auf der wir stehen, ist übersät mit schwefelgelben und roten Gesteinsbrocken. Die Schwefelkristalle funkeln in der Sonne. Wir treffen auf einige Wanderer. Ein junges Paar mit einheimischem Führer, das ich anspreche, stammt aus dem Welschland. Sie sind auf den Pico gestiegen und die sandige Flanke heruntergerutscht. Wir schauen hinauf und entdecken weitere „Abfahrer", die mächtige Staubwolken hinter sich herziehen. Wir fühlen uns an den Mount Egmont in Neuseeland erinnert, wo uns dieses Erlebnis auch zuteil wurde.
Bald brechen alle andern Wanderer auf, wir sind plötzlich ganz allein auf diesem etwas unheimlichen Vulkan, der vor so kurzer Zeit noch das Inferno ausstiess. Auf dem Rückweg treffen wir auf den dicken Amerika-Russen, der heraufgeschwitzt kommt. Er hat einen Führer angeheuert. „Are they a great help?" fragt er, auf unsere Wanderstöcke deutend. Ja, klar, das können wir bestätigen. Ob ihm klar ist, dass auch eine Gewichtsreduktion das Wandern sehr erleichtern würde? Einer Fahrpiste folgend, gelangen wir zu einer Gebäudegruppe, die mir bekannt vorkommt. „Pensão José Doce", lesen wir auf einem Schild. Genau, hier hätten wir gewohnt, wenn ich nicht annulliert hätte. Die eigenwilligen Bauten stehen unmittelbar am Rande des Lavastroms, der sich hier besonders mächtig und zackig auftürmt. Rasch sind wir dann in Portela, wo uns plötzlich Lothar, unser Zimmernachbar in der Eco-Lodge, entgegenkommt, schwer bepackt mit Tramperrucksack. Er ist soeben per Aluguer angekommen und bezieht hier Logis, wohin ihn eine junge Frau geführt hat. Wir wechseln ein paar Worte und kehren ohne weiteren Aufenthalt zum Casa Marisa zurück. Dort ist gerade eine Reisegruppe am Aufbrechen, die zum Mittagessen hergebracht wurde.
Der Rest des Nachmittags vergeht geruhsam grossenteils im bodenbeheizten Zimmer. Margrit ist glücklich, denn sie kann barfuss gehen, ohne kalte Füsse zu bekommen. Als ich den Blog mittels CVMovel-USB-Stick nachführen will, kann ich zwar noch ein paar Mails abrufen, aber keine Webseiten mehr aufrufen, obwohl der Stick „Internetzugriff" meldet. Darum bin ich mit den Einträgen etwas im Hintertreffen, sorry!
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