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Wir nehmen eine der zwei Touren im Wanderbuch in Angriff, eine Rundwanderung auf den knapp 300 Meter hohen Monte Batalha. Ein Aluguer bringt uns zum Ausgangspunkt im fünf Kilometer nördlich gelegenen Dörfchen Morro. Hier muss ich Männer nach dem Weg fragen, denn das Wanderbuch versagt. „20 Meter nach der Kirche", steht dort, soll ein Fahrweg abzweigen. In Wirklichkeit geht er erst nach mehr als 100 Metern ab. An Orten wie diesem ist das entscheidend! An mit Natursteinen gemauerten Gehöften vorbei wandern wir in die fast kahle Ebene hinein, mit dem rechten Ende des Bergrückens als Ziel. Bei manchen der runden, mit einer Kombination von Palmblättern und Plastikfolien gedeckten Gebäude ist unklar, ob es sich um Ställe oder Wohnhäuser handelt. Wohl eher um letzteres, denn für die Tiere würde man sich die Mühe wohl nicht machen, ein Dach zu bauen. Die Gehöfte dürften, abgesehen vom Plastik, kaum anders aussehen als vor Jahrhunderten. Vor einem der Häuser wird eine Kuh gemolken, während ihr Kalb versucht, etwas Milch für sich abzuzweigen. Die Melkerin ist, mit Ausnahme von zwei Männern, die eine Schaufel und eine Säge bei sich haben, die letzte menschliche Begegnung, bevor wir nach dem Abstieg vom Berg wieder auf die Strasse stossen. Ein paar Kühe und Ziegen suchen nach Grünem, Schwärme von Perlhühnern rennen oder flattern davon. Ein paar Mal schrecken wir kleinere Vögel auf, die wir für Wachteln halten, und häufig schwirren grosse Heuschrecken hoch. Je näher wir dem Bergrücken kommen, desto dichter wird der Bestand an Akazien; schliesslich kann man fast von einem lichten Wald sprechen. Wir müssen nun steil hinauf, durch ein „schwarzes Basalt-Geröllfeld", sagt das Buch. Hellgrau wäre die genauere Farbbezeichnung. Einen Weg gibt es nicht mehr, das Gehen auf dem steinigen Hang ist mühsam. Auf einen Orientierungspunkt stossen wir erst wieder auf der ersten Anhöhe, nämlich eine Trockensteinmauer, der wir teils auf Ziegenpfaden, teils weglos folgen. Nach einer Senke kommt der steile, rutschige Schlussanstieg zum felsigen höchsten Punkt, der durch einen Betonpfeiler bezeichnet ist. Von hier aus haben wir grossartige Rundsicht über fast die ganze Insel. Im Osten bringt es der markante Gipfel des Monte Penoso auf gut 400 Meter, er ist die höchste Erhebung der Insel. Die Ebene zum Meer hin ist überraschend grün. Es wurden viele Bäume angepflanzt, fast kann man von Wald sprechen. Was von oben nach einem riesigen Olivenhain aussieht, stellt sich während der Rückkehr zur Strasse als lichter Akazienbestand heraus. Vorerst müssen wir einen steilen, teils rutschigen Hang nordwärts schräg hinab, dann auf einem kahlen, roten Rücken westwärts und meist weglos durch den Akazienbestand weiter, bis wir nach insgesamt über vier Stunden auf die Strasse stossen. Das Wanderbuch nennt 2.15 Stunden für die ganze Tour - viel zu wenig für uns betagte Wanderer. Ziemlich erschöpft beginnen wir, auf ein Aluguer zu warten - und haben Glück, denn schon nach einer Minute kommt so ein Minibus auf dem Pflaster dahergerattert. Margrit steigt bei der Residencia aus, während ich mich weiter zum Mini-Mercado namens Pick Pay fahren lasse. In einer Gefriertruhe entdecke ich Schweinskoteletts, „importado". Sie liegen zusammengefroren ohne Verpackung in einem grossen Sack. Dass das Fleisch noch geniessbar ist, kann man nur hoffen. Da hier kein Brot erhältlich ist, suche ich mit vollgepacktem Rucksack die Bäckerei von gestern auf. Aber die ist mitten am Nachmittag zu. Eine Frau, die ich nach einem andern Laden frage, der Brot verkauft, hält ein Aluguer an, erklärt dem Fahrer meinen Wunsch, und der fährt mich um ein paar Ecken zu einer offenen Bäckerei - gratis! Diese hätte ich schwerlich gefunden, da ist einfach irgendwo eine Tür offen, angeschrieben ist nichts. Hier funktioniert das meiste mit Mund-zu-Mund-Propaganda; Leute zum Fragen sind immer auf der Strasse.
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