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Leicht bewölkt, 25°
An der Hauptstrasse stoppt sofort ein Aluguer, mit dem wir nach Morrinho fahren wollen, einem Dörfchen im Norden der Insel. Der Fahrer dreht zuerst eine Runde durch Vila do Maio, um einen jungen Mann abzusetzen und zwei Lieferungen zu machen. So kommen wir zu einer Gratis-Stadtrundfahrt. Auch findet er weitere Fahrgäste, bevor er in hohem Tempo mit Geschüttel und Geschepper am Flughafen vorbei nordwärts rollt. In Morrinho, wo ausser Hunden und Hühnern auch Kühe auf den Strassen herumlaufen, finden wir leicht den staubigen Fahrweg, der in nordwestlicher Richtung zu den Dünen führt. Wir können die Sandhügel von weitem sehen, doch unterwegs wartet ein weiterer interessanter Punkt auf uns. Etwas abseits vom Weg liegen einige grosse Aschehaufen, davor jeweils ein tonnenförmiger, mehrere Meter langer Hügel. Neben einem davon raucht es aus kurzen, dicken Kaminrohren. Wir haben die Holzkohlenmeiler vor uns, die im Reisebuch erwähnt sind. Manche der Meiler sind leer, dort gähnt ein metertiefes, mehrere Meter langes Loch in der Erde. Daneben liegen Haufen von Akazienzweigen, offensichtlich das Rohmaterial zur Herstellung der Holzkohle. In weissen Säcken wird das fertige Produkt unter einer Akazie gelagert. Was bei uns fast nur noch in Freilichtmuseen gemacht wird, ist hier noch alltägliches Handwerk und Erwerbszweig. Dann verlassen wir das Siedlungsgebiet und wandern durch salzige Ebenen in Richtung der hohen weissen Dünen. Da und dort begegnen wir noch Ziegen und Kühen. Uns auf eine der Dünen aus mehlfeinem Sand hinaufzukämpfen, fehlen uns Lust und Energie. An einer niedrigen Stelle überquert die Piste die Sandhügel und endet am Calhetinha-Strand. Weisser Sand, blaues Meer, anrollende Brandung, an beiden Enden schwarze Felsen. Am südlichen Ende ein einziger fischender Mann, sonst sind wir mausallein. Dem Wellensaum entlang, wo der Sand etwas fester ist, wandern wir südwärts. Wir freuen uns an den häufigen gelben Strandspargelblüten und wundern uns, dass diese Pflanzen im salzigen Sand gedeihen. Am Ende des Strandes ist der Sand übersät mit schwarzen Lavasteinen. Auch in den cremefarbenen Sedimentfelsen sind Lavasteine eingestreut, eine uns neue Erscheinung. Auf den Felsen oder einem Pfad am Rande der Ebene geht es sich leichter. Wir treffen auf einen Fahrweg, der eine Halbinsel abschneidet und auf den Akazienwald zuführt. Auf einer Steinmauer unter einem Baum machen wir Rast. Wir kehren zum Strand zurück, denn dort kühlt der Passatwind. Abwechselnd auf Felsen und Sandstrand folgen wir der Küste einige Kilometer weit bis zum Dorf Calheta. Erst hier treffen wir wieder auf Menschen. Frauen legen Holzrollen auf den Strand und helfen den Männern, ein Fischerboot hochzuschleppen. Wir gehen weiter zu den Häusern und werfen einen Blick auf die Strandpromenade, von der im Reisebuch die Rede ist. Nun ja, mit Nizza hält sie keinen Vergeich aus. Der Strandteil des Ortes besteht aber aus einer hübschen, bunten Häuserzeile. Wir folgen der Strasse zum Ortszentrum an der Hauptstrasse. Kaum sind wir dort, fährt ein Aluguer vorbei, dessen aufmerksamer Fahrer stoppt und uns einsteigen lässt. Zufällig ist es das gleiche Fahrzeug, mit dem wir vor knapp vier Stunden nach Morrinho fuhren! Einziger Passagier ist ein junger Mann auf dem Mitfahrersitz. In Morro lädt er drei grosse Taschen voller Verkaufsartikel aus. Er versucht, uns ein bunt bedrucktes Tischtuch anzudrehen, aber mit dem Kauf von Souvenirs warten wir zu, um sie nicht mitschleppen zu müssen. Auch eine weitere Lieferung wird erledigt: An einer Haustür wird ein weisser Sack unbekannten Inhalts abgeliefert. Die Frau begrüsst den Fahrer mit Küsschen. Vielleicht ist er ein Verwandter. Die Aluguers scheinen verschiedenste Funktionen zu haben.
Nach dem Mittagessen und einem Schläfchen hören wir lauten Motorenlärm. Ich schaue aus dem Südfenster und kann gerade noch die anfliegende Maschine sehen, bevor sie über das Haus rauscht. Auf der Meerseite huscht der Schatten vorbei. Hier, wo nicht jeden Tag ein Flug stattfindet, ist das ebenso ein Ereignis wie die Ankunft des kleinen Frachters, der heute an der Mole liegt. Einen Teil seiner Ladung sehen wir später gestapelt vor dem „Pick Pay", als wir dort einkaufen gehen.
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