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Unser Fahrer mit seinem knallgelben Taxi ist pünktlich. Leider ist er mangels Sprachkenntnissen nicht sehr gesprächig und macht uns nur selten auf Sehenswertes aufmerksam. Gerechterweise muss ich sagen, dass es davon auch gar nicht allzu viel gibt. Ich nenne ihm als erstes Ziel die Plantage „Monte Genebra", die im Reisebuch ausführlich erwähnt ist. Mit deutscher Entwicklungshilfe angelegt, ist die einst 15 Hektaren grosse Anlage heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Bewässerung sei zu teuer geworden, heisst es im Buch, und heute werden nur noch wenige Felder bewirtschaftet, vor allem mit Kartoffeln, Kohl und Zwiebeln. Während das Taxi eine gute halbe Stunde warten muss, besteigen wir auf steilem, rutschigem Weg den Aussichtshügel meerwärts der Plantage. Wir kommen an einem einstigen deutschen Feuerwehrauto vorbei, das als Speicher oder Hühnerstall zu dienen scheint. Die Aussicht lohnt den schwierigen Aufstieg; wir haben weite Rundsicht über die Plantage, zum Calderarand, den gelbbraunen Abhang und hinüber zur Insel Brava, die im Dunst knapp auszumachen ist.
Zurück auf der Hauptstrasse müssen wir feststellen, dass sie hier nicht mehr geteert, sondern gepflastert ist - und das rund um die Ostküste bis in den Norden, wie der Fahrer auf meine Frage erklärt. Somit ist von der ganzen Ringstrasse höchstens ein Drittel asphaltiert. Da „Joalinho" (oder ähnlich) zum Glück ein gemächliches Tempo anschlägt, hält sich das Geschüttel in Grenzen. Die weitere Strecke ist äusserst einförmig, nur von ein paar kleinen, hässlichen Siedlungen und zwei kleinen Lavaströmen unterbrochen, die sich bis zum Meer hinabziehen. Irgendwann kommt aber endlich der Pico de Fogo, der Vulkan in Sicht. Vorerst nur der Gipfel, und erst als wir hinter dem Dorf Cova Figueira den Aussichtspunkt „Espigão" erreichen, haben wir den schwarzgrauen Kegel in seiner vollen Grösse vor uns. Hier bietet sich ein grandioses Panorama. Das gewaltige Absturzgebiet des einstigen Calderarandes mit neuen Lavaströmen aus den letzten drei Jahrhunderten ist sehr beeindruckend. Auf einigen Lavaflüssen wurden kurzerhand neue Siedlungen gebaut, wohl in der Annahme, dass zukünftige Ausbrüche nicht die gleichen Gebiete treffen werden. In einer solchen Gegend würden wir mit einem höchst unguten Gefühl wohnen! Wir überqueren mehrere der Lavaströme, über die die auch im 20. Jahrhundert zugedeckte Strasse neu gebaut werden musste. Schliesslich erreichen wir den Ort Mosteiros (Klöster), der aus mehreren Dörfern besteht. Bei einem „Miradouro" (Aussichtspunkt) oberhalb von Fonsaco machen wir Picknick und wandern durch das Dorf Feijoal und auf einem abwechslungsreichen Pfad durch am Hang angelegte, hier sogar grüne Felder bis in eine kleine Schlucht. Diese Gegend ist recht grün, im Gegensatz zum Rest der Insel. Hier fallen uns die zahlreichen grossen Spinnen auf, die Gemeinschaftsnetze erstellen, so dass mehrere das gleiche nutzen können. Im Dorf treffen wir ausser vielen Kindern einige geschniegelte junge Herren in schwarzen Hosen, weissen Hemden und eleganten Krawatten an. Sie haben gerade die Kirche „Heilige der letzten Tage" verlassen. Mormonen also - hier zeigt sich wieder die Beziehung zu den USA, die von dieser Insel aus besteht. Ich wechsle ein paar Worte mit einem von ihnen, der recht gut englisch kann; in der Schule gelernt, wie er sagt. Unser Fahrer geht inzwischen im Dorf Igreja in ein Restaurant. Um 14 Uhr treffen wir ihn wieder am Aussichtspunkt.
Einziger spezieller Punkt auf dem Rest der Fahrt ist ein kleiner Felssturz, der vor zwei Monaten die Strasse begraben habe, sagt der Fahrer. Man hat behelfsmässig eine Umfahrung über den Schuttkegel angelegt. Nun wieder auf Teerstrasse - ah, welche Wohltat - fahren wir durch das von vorgestern bekannte São Jorge zurück nach São Filipe und werden, welcher Luxus, unmittelbar vor der Haustür abgeliefert. Dem Fahrer gebe ich ein Trinkgeld von 500 Escudos, damit dürften seine Auslagen für das Mittagessen gedeckt sein. Das Fazit der Rundfahrt: Ein spektakulärer Vulkan, eindrucksvolle Lavaströme, aber sonst hat die Insel wenig wirklich Sehenswertes zu bieten, vor allem im Vergleich z. B. mit den grössenmässig vergleichbaren Kanareninseln La Gomera oder El Hierro.
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