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Sonnig, schwächerer Passat, sehr diesig, 25°
Kaum Passatwolken heute, es wäre der ideale Tag, um den Fontainhas zu besteigen - Pech für uns, dass wir diese Tour schon hinter uns haben. Es ist aber so extrem dunstig (oder ist das Saharastaub?), dass die Nachbarinsel Fogo völlig unsichtbar bleibt. Wieder unternehmen wir eine Wanderung auf Grund der Karte. Am Fussballplatz mit perfektem englischem Rasen (oder Kunstrasen?) vorbei steigen wir auf steilen, verschlungenen Pflasterwegen zum Dorf Mato Grande auf. Es hat eine grossartige Hanglage; die Einwohner haben phantastische Aussicht auf den Inselhauptort Nova Sintra. Diesbezüglich haben die Reichen mit ihren protzigen Villen keinen Vorteil. Von oben können wir manchmal in die Höfe der Häuser hineinsehen. Fast überall hängen viele Wäschestücke zum Trocknen, wegen des meist starken Windes mit reichlich Wäscheklammern befestigt. Hinter dem Dorf steigen wir anfangs steil ab, wobei wir ins Schwitzen kommen, denn hier ist es windstill, und die Sonne brennt an den Südhang. Nachher verläuft der Weg mit wenig Auf und Ab der Bergflanke entlang. Da und dort finden wir etwas Schatten unter Gummibäumen. Ziel ist der Weiler Baleia, von dem wir zunächst nur zwei oder drei Häuser sehen können. Wir erwarten eine ausgestorbene Ansammlung von Ruinen, aber als wir auf einem kleinen Rücken stehen, schallen uns laute Dorfgeräusche entgegen: Hähne krähen, Ziegen meckern, Hunde bellen, Kinder lärmen. Das Dörfchen, das aus höchstens zwei Dutzend Häusern besteht, ist äusserst lebendig! Dabei führt hier keine Strasse her, alles muss zu Fuss getragen oder mit Eseln hertransportiert werden. Freundliche Erwachsene und Kinder grüssen uns. Wir wollen noch etwas weiter, zu einem Aussichtspunkt am Ende eines kleinen Bergrückens hinunter. Steil geht es hinab, eine Frau kommt uns entgegengekeucht, ein Bündel Brennholz auf dem Kopf. Kein leichtes Leben hier, aber früher muss es noch weit mühseliger gewesen sein, wie wir an den überall terrassierten Hängen sehen können, wo heute nichts mehr angebaut wird.
Auf dem Bergrücken plötzlich kühle Passatböen, die uns aus dem Gleichgewicht bringen. Der Aussichtspunkt ist mal wieder in Form eines Betonschiffes gestaltet, sogar mit zwei Masten und Bugspriet! Eine bequeme Sitzgelegenheit hat er leider nicht aufzuweisen, dafür ein quadratisches Loch, in dem eine Treppe in einen dunklen Raum hinabführt, dessen Zweck uns unklar ist.
Auf dem Rückweg hören wir undefinierbare Schreilaute. Vögel? Wir nähern uns einer hohen Felsengruppe, und nun wird die Sache klar: Affen! Durch den Feldstecher kann ich nur einen einzigen erkennen, der auf den Felsen umherspringt und in unsere Richtung schaut. Es dürfte der Wächter sein, der seine Sippe vor uns warnt. Mit seiner hellgrauen Fellfarbe ist der Makake auf den Felsen hervorragend getarnt. Ein Mann mit einem Esel kommt uns entgegen. Dem Tier hat man eine blaue Gasflasche aufgebunden. Dann begleitet uns ein kleiner Junge ein Stück des Weges, mal hinter, mal vor uns, und beguckt uns immer neugierig. Bald sind wir zurück in Nova Sintra, wo wir einigen Knaben begegnen; zwei lassen sich bereitwillig fotografieren, bevor weitere dazukommen und einer „moni, moni" sagt. Vergeblich, denn wir unterstützen das Betteln nicht und sind der Ansicht, Kinder sollten lernen, dass man Geld nicht ohne Gegenleistung bekommt. Drei sonntäglich gekleidete kleine Mädchen unter einem bunten Schirm kommen ebenfalls in die Kamera; sie lachen kokett, kein „moni, moni" ist von ihnen zu vernehmen.
Am späteren Nachmittag sucht uns Marco auf und eröffnet uns, das Fährschiff werde morgen früh nicht fahren. Eventuell später, oder morgen gar nicht. Das werde er hoffentlich morgen zur Frühstückszeit erfahren. Erfreulich ist schon mal, dass uns erspart bleibt, um 5 Uhr aufzustehen. Mit einer solchen Komplikation haben wir durchaus gerechnet und deshalb für den Tag der Rückfahrt nach Fogo keinen Weiterflug geplant, sondern die Fahrt zum Vulkan hinauf. Dort werden wir nun möglicherweise statt vier nur drei Tage sein. Das wäre zwar schade, aber nicht tragisch. Kürzlich soll das Schiff wegen einer Beschädigung volle zwei Wochen ausgefallen sein. Eine so grosse Verzögerung würde allerdings unsere Pläne stark über den Haufen werfen.
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