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Heute streiken die Wasserhähne etwas später, so dass wir den gestern angelegten Wasservorrat nicht brauchen. „Unser" Taxifahrer trifft schon um 9.40 Uhr ein und fährt uns zum Hotel Santa Maria. Dort gebe ich den Schlüssel ab und bitte um Gepäckaufbewahrung, bis ich bei der CV Telecom das Internetproblem gelöst habe. Leider sagen die jungen Damen, heute sei ein Feiertag und alles geschlossen. Im Reisebuch lese ich nachher, es sei „Tag der Nationalhelden". Auch ein Auto zu mieten, was ich auf der Fahrt hierher in Anbetracht der recht guten Strassen und des eher schwachen Verkehrs ins Auge gefasst habe, sei heute nicht möglich. Somit lasse ich mir erklären, wo die Aluguers (Sammeltaxis) nach Tarrafal abfahren, und marschiere dorthin. Ich muss eine lange Treppe hinunter und werde schon oben von zwei Typen abgefangen, die nach Fahrgästen suchen! In der Strasse unten an der Treppe stehen einige Minibusse bereit, auf einem steht hinten drauf „Tarrafal". Es sitzen schon mehr als ein halbes Dutzend Leute darin. Ich erkläre dem Fahrer, er müsse meine Frau und unser Gepäck im Hotel abholen, also brauchten wir vier Sitzplätze. Das gehe in Ordnung und koste 2000 Escudos, meint er. Das ist deutlich billiger als mit einem Taxi, was 7000 kosten würde. Nach kurzem Warten, während ein Fahrrad auf das Dach gebunden wird und mir Marktfrauen Äpfel andrehen wollen, kurvt er zum Hotel hinauf, Margrit steigt ein, und das Gepäck kommt auf einen der hinteren Sitze und von hinten darunter. Somit belegen wir eigentlich nur drei Sitze - sei's drum. Wir sitzen vorne neben dem Fahrer, ich ziemlich hart in der Mitte, Margrit bequem auf dem rechten Sitz.
Auf staubigen, holperigen Umwegen - ein Fahrgast scheint noch zu Hause etwas Vergessenes abholen zu müssen - erreichen wir die Hauptstrasse Richtung Norden. Als wir die Stadt verlassen haben, wird die Landschaft einsam. Die Täler und Hügel sind grösstenteils von lockerem Akazienbusch bedeckt und wirken einförmig und trocken. In fast stetigem Auf und Ab passieren wir viele Weiler und Dörfer, schliesslich das hoch gelegene Städtchen Assomada. Mehrmals steigen Leute aus, andere ein, einmal wird einem Mann ein Sack unbekannten Inhalts ausgehändigt, den in Praia eine Frau dem Fahrer übergab - interessant, was mit einer solchen Fahrt alles erledigt wird. Der Fahrer ginge in der Schweiz als schlechtester Autofahrer aller Zeiten durch: Während der Fahrt telefoniert er, zählt Geld, schliesst zu nah auf, fährt zu hochtourig und meist viel zu schnell, mit entsprechendem Motorenlärm. Dazu kommt laute Musik, die ich auf Margrits Verlangen immer wieder leiser stelle, der Fahrer bald wieder lauter. Nach Assomada streifen wir den Naturpark Serra Malagueta, wo wir in den kommenden Tagen wandern wollen, dann geht es nochmals über eine Bergkette, bevor die Ebene von Tarrafal in Sicht kommt. Unsere bei „booking" gebuchte Wohnung namens „Tarrafal Dream" habe ich schon zu Hause ins Navi eingetippt und kann den Fahrer somit genau hinführen. Nur - an dieser Stelle, einer Kreuzung abseits der Hauptstrasse, die in die Stadt hineinführt, gibt es kein Gebäude mit dieser Aufschrift, und Anwohner, die der Fahrer fragt, erklären, diese „Residencia" existiere nicht mehr! Dabei hatte ich vor ein paar Tagen von „booking" eine Anfrage bekommen, ob ich die Ankunftszeit ändern wolle. Inzwischen sind alle andern Fahrgäste ausgestiegen. Unser Fahrer erweist sich als sehr hilfsbereit, telefoniert herum und fährt uns zu einer andern Unterkunft. Dort gibt es nur Zimmer ohne Küche, aber man schickt uns zum Hotel „Izola" etwas abseits vom Zentrum, wo wir in eine akzeptable Wohnung einziehen. Sie ist sogar etwas billiger als die gebuchte. Wie sich bald herausstellt, haben wir Glück, hier unterzukommen, denn an diesem langen Wochenende kommen, wie der Mann an der Rezeption erklärt, viele Gäste aus Praia; das Haus wird voll. Hier gibt es sogar WLAN, allerdings nur in der Lobby.
Die Umgebung ist alles andere als erhebend: Lauter graue, unverputzte Bauten in wüstenhafter, mit Abfällen übersäter Umgebung - das knallgelbe „Izola" sticht krass davon ab! Später am Nachmittag marschieren wir stadteinwärts, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Wir treffen auf die grosse Markthalle, in der vorwiegend Früchte und Gemüse zu haben sind. Im Freien vor der Halle werden verschiedene Fischsorten feilgeboten. Da wir auch ein paar andere Sachen brauchen, müssen wir einen Supermarkt finden. Gegenüber ist ein „Mini Mercado", der uns nicht überzeugt. Ich spreche eine Frau auf der Strasse an - oh Wunder, sie kann gut englisch. Gleich kommt ihr Mann daher, ein weisser Einheimischer, und die beiden fahren uns in ihrem Auto um zwei, drei Ecken zu einem andern Mini-Mercado. Der habe alles, sagt die Frau. Sie gibt mir ihre Handy-Nummer für den Fall, dass wir wieder Hilfe brauchten - sehr freundlich. „Alles" galt wohl für hiesige Verhältnisse, aber immerhin bekommen wir Brötchen, Corn Flakes, Reis, Eier, Milch, Orangensaft und Wasser. In der Markthalle dann noch eine Papaya, Bananen, grüne Bohnen, eine Gurke und Kartoffeln. Damit lässt sich mindestens bis morgen Mittag überleben.
Am Abend müssen wir den Rezeptionisten aufbieten, weil die Lampen zum Lesen viel zu schwach sind. Er montiert eine helle LED-Lampe. Später stellen wir fest, dass kein Abwaschmittel vorhanden ist. Unser Betreuer füllt es uns in einer andern Wohnung in ein Trinkglas ab. Die Küchenausstattung ist auch sonst rudimentär. Zwar sind viele Teller vorhanden und zwei Bratpfannen, aber weder Gläser noch ein Geschirrtuch noch ein Wasserkocher, dafür eine Mikrowelle!
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